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OBDACHLOS MIT HUND

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OBDACHLOS MIT HUND…

Oft taucht das Bild im Internet auf, ein Obdachloser mit Hund, viele Menschen sehen es als etwas „Romantisches“, mit einem Hauch Freiheit, und unbedingt viel Hundeliebe, aber ist das wirklich so? Ist das Leben der Obdachlosen „romantisch“? Und wie lebt es sich als Hund, wenn das Herrchen kein Dach über den Kopf hat?

Häufige Ursachen für Obdachlosigkeit sind zum Beispiel Mietschulden und die daraus resultierende Zwangsräumung, oft im Zuge einer Scheidung oder Tod des Partners, auch Arbeitslosigkeit, fehlende Schulbildung oder unvollständige Berufsbildung sind häufig ein Grund. Der Wegfall der Grundsicherungsleistung oder Krankheit, oft psychische Störungen wie z.B. Schizophrenie oder Suchterkrankungen, seltener körperliche Erkrankungen und schließlich ein vorangegangener Gefängnisaufenthalt in Kombination mit fehlender Resozialisierung nach der Freilassung. Bei Erwachsenen sind es meist diese Gründe. Jugendliche werden von anderen Faktoren auf die Straße getrieben. Oft ist es die Flucht vor Gewalt oder Missbrauch im Elternhaus oder zu enge Wohnverhältnisse die zu ständigen Konflikten mit anderen Familienmitgliedern führen oder die Flucht aus Heimen, oder schlicht, Geldmangel in der Familie.

Obdachlose sind Jene, die die sichtbare Spitze des Eisbergs der Armut in der Gesellschaft darstellen. Gesicherte Zahlen gibt es wenige. Deutschland führt keine offizielle Statistik darüber, Österreich auch nicht. Für Wien schätzt man, dass an die 800 Menschen permanent auf der Straße leben.

Wer länger auf der Straße lebt ist oft schwer in ein „bürgerliches“ Leben einzugliedern. Das Leben ohne Dach über den Kopf verändert. Wikipedia schreibt dazu: Lionel Thelen deutet weniger die Entstehung als die dauerhafte Beibehaltung des Status Obdachlosigkeit über ein extrem gewalttätiges Beziehungsgeflecht innerhalb der Obdachlosenszene. Thelens Beobachtungen in Portugal und Spanien zufolge würden Obdachlose mit einem zusätzlichen Schutz – einer Paarbeziehung oder schlicht einem Hund – gerade von anderen Obdachlosen ohne solche Protektion feindlich behandelt. Hat der Obdachlose zu viele Beziehungen zu den „Sesshaften“, dann wird er nicht akzeptiert, das macht sein Leben auf der Straße gefährlich. Die Hunde sind nicht nur ein Schutz vor dem „Alleinsein“, sie sind auch ein Schutz gegen die Gefahren der Straße.

Gesund ist das Leben auf der Straße nicht. Laut der englischen Studie “Homelessness: A Silent Killer” der Universität Sheffield haben Obdachlose eine um dreißig Jahre geringere Lebenserwartung. Und auch den Vierbeinern geht es nicht so gut dabei.

Oft liest man Pro-Argumente wie: „die haben viel Zeit für den Hund“, „die haben nur den Hund“, „die lieben ihre Hunde“, „den Hunden geht es dort oft besser als bei einem gestressten Hundehalter mit Fulltimejob“ usw…

Aber stimmt das wirklich?

Nehmen wir ein Beispiel: Xandra (Name geändert) lebt auf der Straße, sie ist um die 30, drogenabhängig, sie hat einen Freund, Tom (Name geändert), der ist immer wieder ihr Freund, aber das wechselt, weder Xandra noch Tom können eine stabile Beziehung leben. Xandra hat jetzt 2 Hunde, früher hatte sie mehr. Ihre erste Hündin hatte einen Wurf. Einen Welpen hat sie behalten, die anderen hat sie verschenkt. Die Hunde sehen auf den ersten Blick wohlgenährt aus, aber das Fell ist struppig. Ihre verstorbene Hündin wurde nur 5 Jahre alt. Das Geld für gutes Futter und für den Tierarzt war nicht da. Xandra und Tom sind drogensüchtig, manchmal auch auf Methadon, manchmal auf kalten Entzug. Das verändert ihre Stimmungen. Die zwei verbliebenen Hunde haben sich daran gewöhnt, sie wissen, wann sie Distanz halten müssen. Mittlerweile wissen Xandra und Tom, dass es Sozialprojekte für ihre Vierbeiner gibt, wenn sie kein Geld haben, dann holen sie dort Futter oder lassen ihre Hunde tierärztlich behandeln. Wenn Xandra und Tom mit ihrem Leben etwas besser zurecht kommen, dann sind ihre Hunde meist freundlich, wenn nicht, dann reagieren auch die Vierbeiner. Es gibt einige Hundezonen in denen sie sich nicht mehr sehen lassen können, es kam zu Bissvorfällen, sie sind dann einfach gegangen, Geld haben sie keines, auch nicht für einen gebissenen Hund. Wenn ihre Hunde einen anderen Hund beißen, dann schlägt Tom Xandras Hunde, er meint, dass gehört so. Die Hunde nehmen das in Kauf, Tom haben sie noch nie gebissen. Xandra weint dann manchmal, die Hunde trösten sie.

Oder Franz, er hat nur einen Hund, eine struppige kleine Hundedame undefinierbarer Rasse. Franz hat nach einer Scheidung und zu viel Alkohol seine Wohnung verloren. Den Alkohol hat ihm seine kleine Hündin mittlerweile abgewöhnt. Pippi regelt das Leben von Franz und Franz tut alles für Pippi damit es ihr gut geht. Pippi sieht viel gesünder aus als Franz, sie kommt vermutlich öfter zum Herrn Doktor als ihr Zweibeiner und im Gegensatz zu ihm, hat sie noch alle 42 Zähne. Franz sieht nicht gut aus, daher ist er seiner Umwelt gegenüber eher scheu, im Gegensatz zu seiner Hundedame. Pippi liebt ihren Franz, man merkt, dass sie sich bei ihm wohlfühlt, und Franz? Wenn er seine Pippi nicht hätte, würde es vielleicht auch keinen Franz mehr geben.

Oder Markus, er hat einen sehr wilden ungestümen Pitbull-Mastiff-Mix übernommen, Aron ist ein heftiger Hund, ein schöner Hund, aber eigentlich viel zu wild für Markus. Der junge Mann war drogenabhängig, er hat alles konsumiert was verboten ist. Mittlerweile ist er aber clean. Aron ist dafür verantwortlich. Das Schicksal hat die beiden zusammengeführt. Aaron stammt von einem Vermehrer, der zu Beginn stolz auf den hübschen kräftigen Welpen war und gerne mit ihm angegeben hat. Er hat es gefördert, wenn der, dann halbstarke Aron anderen Menschen Angst gemacht hat. Aber dann kamen die Rasseliste und der Hundeführschein. Der Vermehrer bekam Angst, dass Aron ein Problem werden würde. Eigentlich sollte Aron erschlagen werden und verschwinden. Aber da haben sich die Wege von Markus und Aron gekreuzt. Irgendwie hat es der Junkie Markus geschafft den Hund von dem unfreundlichen, muskelbepackten Mitdreißiger-Glatzkopf zu bekommen. Zu Beginn waren die beiden ein nicht ungefährliches Gespann. Wenn Markus genug Geld hatte, dann war er „high“ und Aron führte seinen Zweibeiner Gassi, denn Markus schwebte in anderen Sphären. Aron war zwar mittlerweile groß und stark aber sein Sozialverhalten war das eines Rowdies. Seinen Markus allerdings, den hatte der Vierbeiner ins Herz geschlossen und den verteidigte er mit all seinen 42 Zähnen. Die Drogenszene ist nicht nett und Markus war nie ein Kämpfer, aber Aron schon. Irgendwie haben die beiden überlebt. Als Markus merkte, dass er Aron verlieren würde, wenn er weiterhin Drogen konsumierte, muss etwas passiert sein. Jedenfalls machte er von einem Tag auf den anderen einen Entzug. Gut ging es ihm dabei nicht. Aron war in dieser Zeit wie ein Schatten von Markus. Er hat sich nicht von seiner Seite bewegt. Mittlerweile hat er einen cleanen Zweibeiner an der Leine, der sich sogar mit seinen Eltern versöhnt hat, denn Aron braucht einen Garten, die Eltern haben einen…

Geschichten wie diese gibt es viele. Und sie zeigen, man kann nicht generalisieren, dass Hunde die bei Obdachlosen landen keine Chance auf ein gutes Hundeleben haben. Pippi, geht’s gut und auch Aron wird vermutlich seinen Zweibeiner noch zu einem brauchbaren Hundehalter machen. Die Hunde von Xandra dagegen, werden vermutlich nicht alt werden oder sie werden irgendwann im Tierschutz landen, wenn sie Glück haben.

Man kann nicht sagen ob es einen Hund „gut geht“ wenn er mit seinem Menschen auf der Straße lebt. Manche haben sicher ein brauchbares Hundeleben, andere leiden darunter sehr, und einige sterben nach kurzer Zeit.

Aber eines ist sicher, „romantisch“ ist nichts an den Leben auf der Straße, weder für den Herrn, noch für den Hund. Es ist gut dass es mittlerweile auch für Vierbeiner soziale Einrichtungen gibt. Die Tiertafel macht einen guten Job. So bekommen die Hunde wenigstens ausreichend Futter und manchmal auch tierärztliche Versorgung. Im Winter finden Zwei-und Vierbeiner meistens auch ein warmes Plätzchen, denn die meisten tauchen im Frühling wieder in den Parks der Innenstadt auf.

Stressfrei leben diese Hunde nicht, diesen Mythos sollte man ad acta legen. Die meisten dieser Hunde müssen viel „übernehmen“, denn ihre Zweibeiner „funktionieren“ nicht in der Gesellschaft und dadurch sind Konflikte vorprogrammiert. Viele dieser Hunde zeigen das in ihren Verhalten. Und das Leben auf der Straße ist hart, Kälte, Regen, unregelmäßige Ernährung, permanenter Stress, kein ruhiger Rückzugsort, oft unberechenbare Zweibeiner. Hunde sind Meister der Anpassung und Überlebenskünstler, aber der eine oder andere Vierbeiner überlebt dieses Dasein nicht. Manche sterben jung oder leiden sehr wenn sie alt werden.

Man soll keinem Lebewesen ein Dasein ohne Heim, obdachlos, wünschen. Es ist weder schön, noch romantisch, es ist Überleben von einen Tag auf den anderen, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger …

Obdachlos

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Bild und Text |  © DOGnews-Die Seite

Der Beitrag OBDACHLOS MIT HUND erschien zuerst auf Der Hundefreund.


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